Freitag, 25. März 2011

Fremdenfeindlichkeit: Kein Privileg der Schweizer


Auch in Frankreich haben rechtsextreme Parteien die Angst vor Einwanderern als Wahlkampfschlager entdeckt. Besonders unschön zeigen dies die Plakate der Gruppierung «Mouvement Initiative et Liberté» (MIL) in einem Nest irgendwo im Département Bouches-du-Rhône: Neben einem von der SVP inspirierten Slogan Expulsons les délinquants étrangers («Schaffen wir die ausländischen Kriminellen aus») hat sich das MIL einen besonders fiesen Spruch ausgedacht: La France – aimez-la ou quittez-la («Liebt Frankreich oder verschwindet»). Es ist nun also schon soweit, dass man sich anmasst, den Bürgern ihre Gefühle vorzuschreiben: Nur wer genügend «Liebe» gegenüber dem Land empfindet, soll ein Recht haben, hier zu leben.

En France aussi, les partis politiques de droite (et pas seulement de l'éxtreme droite) éxploitent la peur qu'inspire l'immigration aux indigènes. Lors des éléctions cantonales qui sont en cours en ce mois de mars, le «Mouvement Initiative et Liberté» (MIL) collait ses affiches sur les murs d'un petit village quelque part dans le département des Bouches-du-Rhône. Le MIL a non seulement fait imprimer un slogan qui rappelle les propos de l'UDC: Expulsons les délinquants étrangers. Mais le groupe politique de l'éxtrème droite a concocté un propos particulièrement perfide: La France: Aimez-la ou quittez-la. Sommes-nous arrivés au point ou on veut nous préscrire les sentiments que nous devons éprouver vis-à-vis du pays ou nous vivons?

Foto: Bobby California, 14. 3. 2011

Samstag, 12. März 2011

So kauft man heute ein Zugbillett in Zürich HB

Jedes Jahr fahre ich mindestens einmal nach Frankreich. Dabei lassen sich sehr gut die aktuellen Entwicklungen beim Billettverkauf der SBB verfolgen. Jedes Jahr lassen sich die SBB einen neuen Gag einfallen, um den Kunden den Billettkauf möglichst zu vermiesen:

- 2010 führten die SBB die Auftragspauschale International ein: Seither muss ich fünf Stutz extra zahlen, wenn ich den SBB die Arbeit auflade, mir ein Billett zu verkaufen. Der Akt des Verkaufens wird jetzt als kostenpflichtige Dienstleistung betrachtet. Obwohl die SBB mir 2010 erstmals diesen lästigen Zuschlag abknöpften, waren sie nicht in der Lage, mir das gewünschte Billett zu verkaufen: Billette für den Train Express Régional (vergleichbar mit dem Schweizer Interregio) nach Béziers (über 72'000 Einwohner) gibts in Zürich HB nicht. Diese Destination sei nicht im Computer programmiert, beschied man mir. Ich konnte nur ein Billett bis Avignon kaufen. Merke: Der Kunde ist für die SBB da, nicht umgekehrt.

- 2011 weigern sich die SBB, mir am normalen Bahnschalter ein Billett nach Cavaillon zu verkaufen. Unfreundlich, aber bestimmt wurde ich von der Schalterdame ins Reisebüro geschickt. Man müsse die Billette «auseinander nehmen», d.h separate Billette für die Teilstrecken ausstellen, das dauere zu lange für den Bahnschalter, hiess es. Immerhin bekam ich im Reisebüro das gewünschte Billett nach Cavaillon, das hätte ich nicht erwartet nach dem letztjährigen Billettkauf-Erlebnis. Dafür musste ich 25 Minuten warten, bis meine Nummer aufgerufen wurde, und es ging nochmals 15 Minuten, bis die Schalterdame mir das Billett verkaufen konnte. Die 25 Minuten Wartezeit wurden «aufgelockert» durch einen mehrmals wiederholten Kurzfilm auf einem nervigen Grossbildschirm, auf dem die drei Knilche Sergio, Beat und Benoît herumhampeln und für Railaway-Billette werben. Für ein Unterhaltungsprogramm, das 40 Minuten dauert, ist doch fünf Stutz fast geschenkt, oder? Merke: Der Kunde ist für die SBB da, nicht umgekehrt.

Freitag, 4. März 2011

«Es war eine Desillusionierung»

Norbert Neininger im Klartext-Interview zur Schweizer Blogger-Szene:

Klartext: Sie twittern auch, bloggen, sind auf Facebook, testen das iPad.
Neininger: Ich wollte diese Erfahrungen selbst machen und mit dem guten Beispiel vorangehen... Im Blog-Bereich ging es mir darum, die Schweizer Blog-Szene kennen zu lernen. Es war eine Desillusionierung: Die nehmen sich wichtiger als sie sind, kommunizieren vor allem unter- und übereinander und freuen sich darüber, wenn der eine zum Blog des anderen einen Link setzt und auch umgekehrt.

Mittwoch, 2. März 2011

Weltwoche wühlt im Privatleben von Journalisten

Seltsam und unheimlich, wie gut der Blogger Ronnie Grob mit der Weltwoche synchronisiert ist: Vor wenigen Wochen schrieb Ronnie Grob in einem Blogpost und in einem Artikelchen in der Medienwoche, Journalisten seien mehrheitlich links. Diesen Befund stützte er auf methodisch äusserst fragwürdige Studien ab.

Und jetzt geht auch Andreas Kunz von der Weltwoche zum Frontalangriff auf linke Journalisten über: er wühlt im Privatleben der Journalisten und stellt ihnen Fragen zu ihrem politischen Standpunkt. Einerseits ist es belustigend, dass Kunz sich von diesem hemdsärmligen Vorgehen, das an den lächerlichen Fragebogen der SVP erinnert, irgendwelche Erkenntnisse verspricht. Der Fragebogen der Weltwoche sieht wie folgt aus:

Sehr geehrter ………
Im Nachgang zur Nationalratskandidatur von Tagesschau-Redaktor Matthias Aebischer machen wir bei der Weltwoche eine Umfrage bei den wichtigsten SRF-Info-Redaktoren. Im Sinne einer Herstellung von Transparenz gegenüber den Gebührenzahlern möchten wir Ihnen gerne folgende Fragen stellen:

- Sind Sie Mitglied einer politischen Partei? Und wenn ja, in welcher?

- Waren Sie jemals Mitglied einer politischen Partei? Und wenn ja, in welcher?

- Waren Sie jemals auf eine andere Art und Weise politisch aktiv? Und wenn ja, wie?

- Sind Sie oder waren Sie jemals Mitglied in einer wirtschaftlichen Vereinigung oder einem NGO? Und wenn ja, in welcher?

- Sind Sie oder waren Sie jemals aktives Mitglied in einer gewerkschaftlichen Vereinigung? Und wenn ja, in welcher?

Bei Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Für eine Antwort bis spätestens nächsten Montag wäre ich Ihnen dankbar.

Herzlich
Andreas Kunz, Ressortleitung Gesellschaft
DIE WELTWOCHE

Die drei Gewerkschaften SSM, Syndicom und Impressum protestieren gegen die Fragebogen-Aktion: «Die Weltwoche greift damit in die Privatsphäre und die verfassungsmässig garantierten Freiheitsrechte der Journalisten ein. Sie macht die falsche Gleichung, dass jeder Journalist seine professionelle Arbeit nach seinen eigenen persönlichen politischen Präferenzen ausrichten. Wir fragen: Wo sind da die Grenzen? Müssen sich in Zukunft Journalisten auch über ihre Religion ausweisen, weil auch religiöse Fragen Gegenstand der journalistischen Arbeit sind?»

Die Gewerkschafter kritisieren: «Die Weltwoche gibt vor, Transparenz herstellen zu wollen. Es sei daran erinnert, dass ausgerechnet bei der Weltwoche die finanziellen Hintergründe alles andere als offen und klar sind.»

Und die Journalisten-Vertreter erinnern zu recht: «Als einst Norbert Hochreutener für die CVP und Anton Schaller für den Landesring und Filippo Leutenegger für die FDP in den Nationalrat wechselten, gab es keine Folgerungen und Diffamierungen, die Redaktionen der SRG seien einseitig bürgerlich ausgerichtet.»

Die Stellungnahme der drei Gewerkschaften schliessen mit einem Appell: «Wir bitten Sie als Journalisten, diese Aktion der Weltwoche gegenüber Berufskolleginnen und Kollegen zu hinterfragen und allenfalls dagegen zu protestieren.»